2019 und der Blick nach vorne

Die IL Aschaffenburg, zu der auch unser Redaktionsteam gehört, wirft zum Jahresende einen Blick zurück auf 2019 und hält Ausschau nach 2020.


2019 und der Blick nach vorne – Ein Jahresrückblick der Interventionistischen Linken Aschaffenburg

Was für ein Jahr. Für Aschaffenburg dürfte es das protestreichste seit vielen Jahren, wahrscheinlich seit Jahrzehnten, gewesen sein.

Die hohe Anzahl an Kundgebungen, Demos und politischen Vorträgen waren auch der Spiegel einer globalen Tendenz. Denn vor allem die internationalen Proteste für Klimagerechtigkeit und die Prosteste gegen den türkischen Angriff auf das revolutionäre Gesellschaftsprojekt in Rojava (Nordysrien) haben weltweit Millionen Menschen mobilisiert und den Kalender für viele Aktivist*innen gefüllt. Doch es gab auch zahlreiche andere Themen und Entwicklungen, zu denen Dinge in Bewegung gerieten.

Für Außenstehende stellt sich sicher oft die Frage: was macht eigentlich diese IL in Aschaffenburg, außer viel rumsitzen und reden? Das machen wir tatsächlich viel, ist aber weitem nicht alles.

Um unsere Aktivitäten sichtbar zu machen, haben wir einen chronologischen Jahresrückblick erstellt, der aufzeigt, was wir als Gruppe gemacht haben bzw. an welchen Orten Mitglieder von uns aktiv waren.

Nicht zuletzt machen wir dies natürlich auch, um Menschen einen Einblick zu bieten und Interesse an einer Mitarbeit zu wecken. Denn als offene Gruppe mit ambitionierten Plänen wollen wir wachsen und freuen uns deshalb immer über neue Leute, die sich in und mit der IL organisieren und aktiv werden.

Die Liste an Aktionen ist sicher nicht vollständig und zu allen genannten Veranstaltungen kommen die zahlreichen Gruppentreffen sowie die Teilnahme an regionalen und bundesweiten Treffen der IL hinzu. Nicht zu vergessen die Projekte und Bündnisse, die von uns initiiert wurden oder in denen sich Mitglieder von uns beteiligen. Denn nach wie vor arbeiten einige von uns kontinuierlich in der antirassistischen Initiative Solidarity City Aschaffenburg, dem selbstverwalteten Kneipenprojekt Stern e.V. und dem Netzwerk Organize Aschaffenburg & Umland mit. In 2019 kam für einige von uns die Mitarbeit in der Kommunalen Initiative neu hinzu.

10. Januar: Start unserer Vortragsreihe „Die Commune im 21. Jahrhundert“ mit einem Vortrag von Norma Tiedemann zu dem Thema „Die „neuen“ Munizipalismen – rebellische Städte und soziale Bewegungen“.

9. Februar: Mobilisierung und Beteiligung mit einem Redebeitrag an einer Seebrücke Demo in Darmstadt, an der sich über 500 Menschen beteiligten.

16. Februar: Teil zwei unserer Veranstaltungsreihe zum Thema „libertärer Kommunalismus nach Murray Bookchin“. Einen Audio-Mitschnitt dieser Veranstaltung findet ihr hier. Bookchins libertäres Transformationskonzept war schon länger Thema innerhalb unserer Gruppe und prägt unsere Diskussion.

11. März: Dritter und letzter Teil unserer Reihe zum Thema „Soziale Infrastruktur“. Die Debatten um dieses Thema beeinflussten nicht nur unserer Gruppe, sondern schlug sich auch in einigen Artikeln auf 361° nieder.

Veranstaltungsreihe im Rahmen unserer Utopie-Diskussion

12. März: „Seenotrettung ist not a crime“ heißt der Vortrag der von Aktiven des Welcome to stay Cafes, an dem sich Mitglieder von uns beteiligen, veranstalten. Einen Audio-Mitschnitt des Vortrags mit Referenten von Solidarity at Sea findet sich hier.

22. März: Im Rahmen der laufenden Ende Gelände Kampagne gibt es im Stern einen Mobi-Veranstaltung.

15. April: Eine Anfang des Jahres gegründete Arbeitsgruppe geht mit dem Medienprojekt „361° Aschaffenburg – Alternatives Stadtmagazin“ ans Licht der Öffentlichkeit. Ein kleines Redaktionsteam füllt seitdem den Blog sowie Social Media Kanäle mit Informationen.

Protest gegen eine Veranstaltung der AfD

1. Mai: Teilnahme an der revolutionären ersten Mai Demo in Nürnberg. Daheim gebliebene schlafen aus oder latschen beim DGB-Aufzug in Aschaffenburg mit.

2. Mai: Wir organisieren eine Kundgebung gegen eine Veranstaltung der AfD in der Aschaffenburger Stadthalle. Gut 100 Leute protestieren mit uns gegen das rechte Pack.

6. Mai: Kundgebung „Aschaffenburg als sicherer Hafen“ anlässlich des Antrags, der auf Bitte von Seebrücke-Aktiven durch die KI in den Stadtrat eingebracht und dort an diesem Tag verhandelt wurde. Die Mehrheit des Stadtrats spricht sich am Ende dafür aus, Aschaffenburg zu einem sicheren Hafen zu erklären. Bisher bleibt dieser Beschluss jedoch ein Lippenbekenntnis ohne praktische Folgen. In 2020 gilt es u.a. hier weiter Druck aufzubauen.

Seebrücke Kundgebung: Stoppt das Sterben im Mittelmeer

19. Mai: Beteiligung am Orange Block der Demo „Ein Europa für alle“ in Frankfurt.

13. Juni: Infoveranstaltung mit Ende Gelände zu den bevorstehenden Aktionen zivilen Ungehorsams im rheinischen Braunkohlerevier.

19. bis 24. Juni: Ende Gelände Aktionstage im rheinischen Braunkohlerevier, bei denen Kohlebagger und Zugschienen über zwei Tage blockiert werden. Es war eine wahnsinnig intensive Erfahrung und ein starkes Gefühl der Solidarität in der Aktion. Die Vielfalt und Kraft der Klimabewegung bei Ende Gelände macht Mut für die bevorstehenden Auseinandersetzungen um unsere Zukunft.

Ende Gelände auf dem Weg in die Grube: Kohleausstieg bleibt Handarbeit

6. Juli: Kundgebung der Seebrücke Aschaffenburg am blauen Klavier im Schöntal gegen das Sterben im Mittelmeer.

26./27. Juli: Beteiligung an der antifaschistischen #WannWennNichtJetzt Marktplatz- und Konzerttour durch ostdeutsche Bundesländer im Vorfeld dreier Landtagswahlen. Die Kampagne hat sich zum Ziel gesetzt, antifaschistische und antirassistische Initiativen vor Ort zu stärken. Im Rahmen der Tour sind wir an der Durchführung des Stopps in Bautzen beteiligt. Dort lernen wir viele engagierte Menschen kennen und nehmen vor allem eins mit: Widerstand gibts überall und aufgeben ist für erfreulich viele Menschen keine Option. Die Wahlergebnisse sind dann natürlich trotzdem beschissen, wer hätte es gedacht. Wir brauchen mehr Antifa!

KOMMZ Infostand 2019

2.-4. August: Beteiligung am Infostand linker Initiativen auf dem Kommz Festival.

10. August: Beteiligung an der Demo von Seebrücke Frankfurt mit 2000 Teilnehmer*Innen. Aktivist*innen in Booten blockierten dabei die Schifffahrt auf dem Main für mehrere Stunden.

Seebrücke in Frankfurt

14./15. September: Beteiligung an der #aussteigen Fahrrad-Sternfahrt von Aschaffenburg nach Frankfurt, bei der über 20.000 für eine Verkehrswende aufs Rad steigen. Am Tag darauf wird mit #SandimGetriebe die IAA blockiert.

20. September: Erster globaler Klimastreiktag. Wir veranstalten am frühen Morgen eine Fahrraddemonstration an der sich 150 Leute beteiligen. Nachmittags Teilnahme an der von Fridays for Future organisierten Demonstration, an der insgesamt weit über 3.500 Menschen teilnehmen. Die Schüler*innen stellen mittlerweile nicht mehr die Mehrheit auf den Klimademos, dafür sind so ziemlich alle anderen Gesellschaftsteile auf der Demo vertreten. Leider haben die Klimaproteste in Aschaffenburg damit scheinbar ihren Zenit erreicht. Während sich FFF in Aschaffenburg kreuzbrav und voraussehbar auf den Marsch durch die Institutionen begibt, versuchen andere die Dynamik der Klimaproteste aufrecht zu erhalten. Ein Klimabündnis, das den System Change ernst nimmt, wird ins Leben gerufen.

IL-Transparent bei FFF-Demo am 20.09.

9. Oktober: Beteiligung an der Tag X Demonstration in Aschaffenburg anlässlich des türkischen Angriffs auf die autonomen Selbstverwaltungsstrukturen in Rojava. Über 200 Menschen beteiligen sich.

18. Oktober: Beteiligung an der Kundgebung „Rojava verteidigen“ in Aschaffenburg.

Demonstration in Solidarität mit Rojava

30. Oktober: Beteiligung an der Kundgebung der Seebrücke in Seligenstadt, die sich mit einer rechten Gegenmobilisierung konfrontiert sieht.

2. November: Beteiligung an der Kundgebung zum Rojava World Resistance Day in Aschaffenburg.

08. November: Vortrag zum Thema Utopie im Rahmen unseres Wochenendseminars „Kapitalismus aufheben“.

09. November: Workshop zum Thema Transformation im Rahmen unseres Wochenende Seminars „Kapitalismus aufheben“.

09. November: Beteiligung an der Kundgebung im Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht.

29. November: Wir sind Teil des unabhängigen Klimabündnisses und führen damit erneut eine kleine Fahrraddemo am Nachmittag des zweiten globalen Klimastreiktag durch.

2. Dezember: Beteiligung an der „No Ditib“ Kundgebung vor dem Rathaus.

14. Dezember: Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen von Ende Gelände, FFF Frankfurt, Hasankeyf und Animal Climate Action im Ev. Juz Aschaffenburg. FFF Aschaffenburg lehnte eine Teilnahme an der Podiumsdiskussion ab und entfernt sich damit weiter von der Klimabewegung.

 

Also eine Menge an politischen Zusammenkünften und Aktionen, aber trotzdem bleibt ein fader Beigeschmack. Denn auch wenn wir an vielen Orten und Konflikten präsent waren, bleibt das Gefühl überall und doch nirgendwo gewesen zu sein.

Grund sind die meist parallel verlaufenden Bewegungen und Auseinandersetzungen, die entgegen der eigenen Ansprüche, oft unverbunden nebeneinanderstehen und kein Ausdruck einer gemeinsamen Strategie sind.

Ein Problem, das wir nicht nur für Aschaffenburg wahrnehmen, sondern der außerparlamentarischen Linken allerorten attestieren.

Um dem entgegenzuwirken, führen wir innerhalb der Gruppe schon länger eine Strategiedebatte rund um die Themen Utopie und Transformation. Diese Debatte begleitet uns bereits seit 2017. Wir haben sie phasenweise intensiv geführt und zwischenzeitlich immer wieder sträflich vernachlässigt. Doch wir halten sie für dringend notwendig, wenn wir über den Status eines kräftezehrenden Aktivismus hinaus zu einem nachhaltigen, verbindenden und organisierenden Aktivismus kommen wollen. Deshalb wird uns diese Diskussion auch noch in 2020 hinein begleiten. Das Gute ist, dass wir diese nicht auf rein abstrakter und theoretischer Ebene führen, sondern sich langsam Konturen für die politische Praxis abzeichnen und wir bereits erste Schritte gegangen sind. Im kommenden Jahr wollen wir unsere Ergebnisse verschriftlichen und einen stadtpolitischen Organisierungsvorschlag zur Diskussion stellen. Es geht dabei vor allem um die Initiierung eines neuen radikaldemokratischen Projekts, ein verstärktes Aufgreifen von sozialen Fragen und der Organisierung und Verbreiterung von solidarischen Strukturen in der Stadtgesellschaft.

Ob wir damit auf Resonanz stoßen und wie sehr sich dies auf eine Verschiebung unserer Praxis auswirkt, bleibt abzuwarten. Ideen und die Motivation zukünftig zielgerichteter und längerfristig Basisarbeit zu leisten ist auf jeden Fall vorhanden.

Wie immer gilt: wer sich von dem hier Geschriebenen angesprochen fühlt, kontaktiert uns und mach mit!

Auf ein gutes 2020 – eure IL Aschaffenburg

 

 

 

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Eine Antwort

  1. Stern sagt:

    „Aschaffenburger Ordnungsamt schränkt Freiheit der Kunst ein“

    Am vergangenen Dienstag, den 17.12. durfte die rechtsextreme AfD, in der Aschaffenburger Stadthalle eine Aufstellungsveranstaltung durchführen, um dort ihre Kandidat*innen für die Kommunalwahl 2020 vorzustellen.

    Dem wollten drei Leute eine Kunst-Performance auf dem Weihnachtsmarkt entgegensetzen. Weihnachtsmarktbesucher*innen sollten sich dabei an einem Gesamtkunstwerk beteiligen können, welches in Wort und Text – unter Einbeziehung der Weihnachtsgeschichte – eine klare künstlerische Botschaft gegen Faschismus setzt.

    Die geplante Performance musste aber leider abgesagt werden, weil das Aschaffenburger Ordnungsamt durch ihre Auflagen das Kern-Konzept der Performance unmöglich gemacht hat.

    In ihrem Auflagenbescheid machte die Behörde unmissverständlich klar, dass sie das Recht der AfD auf Sicherheit (vor als Weihnachtsmänner verkleideten Künstler*innen, die vom Ordnungsamt zudem unter den Generalverdacht potentieller Straftäter*innen gestellt wurden !!!) und das Recht des Weihnachtsmarktbetreibers auf ungestörte Geschäfte weitaus höher gewichtet als das Recht auf freie Kunstausübung.

    Gerade aber das Recht auf freien Kunstausübung genießt nach der Befreiung vom Nationalsozialismus einen weitaus höheren rechtlichen Stellenwert als andere Grundrechte.

    Wir verurteilen es aufs Schärfste, dass dieses Recht nun zugunsten einer Partei, in welcher von Einigen gesellschaftliche Verhältnisse der Zeit von 1933-1945 unverhohlen herbeigesehnt werden, eingeschränkt wird.

    Wir werden jedenfalls nicht hinnehmen, dass das Recht auf freie Kunstausübung derart beschnitten wird.

    Insofern ziehen wir die Prüfung einer Klage gegen den Auflagenbescheid in Erwägung.

    Das Ordnungsamt Aschaffenburg fällt aber immer wieder dadurch auf, dass es mit rechtlich bedenklichen Auflagenbescheiden Meinungs- und Versammlungsfreiheiten gerade gegenüber linken Aktivist*innen in einem hohen Maße einschränkt.
    Den Betroffenen fehlt oft Zeit, Geld und/oder rechtliches Know-How, um sich angemessen dagegen zu wehren.

    Wir denken, dass es an der Zeit ist, gemeinsam gegen diese Praxis vorzugehen und grundsätzlich alle rechtlichen Mittel zu nutzen, um unsere Grundrechte gegenüber dem Ordnungsamt zu schützen.

    Unter der unten angegebenen Kontonummer könnt Ihr uns finanziell unterstützen, um die anfallenden Kosten möglicher Rechtsverfahren stemmen zu können. Überschüssige Spenden stellen wir zweckgebunden anderen Gruppen oder Personen zur Verfügung, die auch gegen Auflagenbescheide bei Versammlungen vorgehen möchte.

    Vielen Dank Eure Sterne

    Stern e.V.
    „Stichwort: Grundrechte Stärken“
    Sparkasse Aschaffenburg
    BLZ: 79550000
    Konto: 11707445

    

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