Klimastreik: Interview mit Fridays For Future Aschaffenburg

Wir haben uns mit 3 Aktivistinnen von Fridays For Future im Jukuz bei den Vorbereitungen zum nächsten Klimastreik (24.05.) getroffen. Dabei ist ein Interview über die Aschaffenburger Ortsgruppe, die Klimabewegung, den nächsten Klimastreik, bisherige Erfahrungen und zukünftigen Erwartungen entstanden. Das Interview wurde mündlich geführt, aufgezeichnet und transkribiert –  und es ist recht ausführlich geworden. Nehmt euch also ein bisschen Zeit zum Lesen. Weiteres über FFF Aschaffenburg bei 361° gibt es hier und hier.

361°: Stellt euch doch mal kurz vor auf welche Schule ihr geht und was ihr bei Fridays For Future so macht.

Nina: Also fang ich mal an: Ich bin die Nina. Ich bin 16. Ich bin auf dem tollen Maria Ward Gymnasium und stolz drauf und ich war von Anfang an bei Fridays For Future Aschaffenburg dabei. Bin mit der Livia, die leider nicht dabei sein kann heute, wir sind bisschen so die Chefs, wenn’s jetzt um die Demo geht. Ich persönlich kümmer mich vor allem um unseren Instagram-Account, die Emails, die Schulkoordination und ja, so den Bereich, vor allem Repräsentation, zum Beispiel hatte ich auch die Stadtjugendring-Vollversammlung besucht und sowas. Macht mir auch voll viel Spaß. Also ich investier‘ da wirklich sehr viel Zeit und auch Nerven rein.

Anna: Also ich bin die Anna, bin 13 Jahre alt und gehe aufs FDG, also Friedrich Dessauer Gymnasium. War auch von Anfang an dabei, mit der Livia und der Nina, haben wir das am Anfang zu dritt gemacht, die erste Demo eigentlich. Ich bin Delegierte von Aschaffenburg, das heißt, es gibt eine Gruppe von Leuten aus jeder Stadt, in der Fridays For Future eine Ortsgruppe hat, gibt’s eine Delegierte, die sich dann auch um die bundesweite Organisation kümmert und immer kuckt, halt auch jetzt wegen den europaweiten Streiks, da gibt’s dann immer so Themen und das halt ein bisschen koordiniert. Zum Beispiel auch Aktionstage.

Miriam: Ich bin die Miriam, bin auch 16 Jahre alt und gehe auch auf die Maria Ward Schule. Ich war nicht komplett von Anfang an dabei, sondern bin gut mit der Nina und der Livia befreundet und die haben dann immer davon erzählt. Ich bin auch noch woanders engagiert und konnte dann auch sagen: ja, ich frag da mal nach. Und dann hab ich irgendwann gesagt, hey ich find‘ die Sache so cool, da will ich auch mitmachen und jetzt bin ich auch quasi im Orgateam. Ich hab‘ zum Beispiel die Pressemitteilung geschrieben und kümmer‘ mich mit um alles was so ansteht. Ich bin zum Beispiel bei Interviews dabei oder wenn etwas geklärt werden muss. Ich bin überall so ein bisschen dabei.

361°: Wie groß ist denn euer Orgateam?

Nina: Also als erstes waren wir zu dritt, plus Niklas*. Den können wir nicht voll mitzählen, auch weil er halt einfach in Göttingen ist und er ist ja auch kein Schüler, sondern Student. Er ist eher so unser Mentor und hat da auch einfach mehr Erfahrung. Und es soll ja aber auch ein Student*innen und Schüler*innenstreik sein. Momentan sind wir in unserer Orgagruppe 22 Leute, wo aber auch viele nicht wirklich aktiv sind. Da werden wir vermutlich auch bald wieder ein bisschen Macht demonstrieren müssen.

Miriam: Ich würde sagen richtig aktiv sind ca 13 Leute.

Nina: Nach der zweiten Demo haben wir gesagt, wir brauchen unbedingt mehr Unterstützung und haben dafür einen Aufruf in unseren 5 WhatsApp-Gruppen gemacht. Darauf haben sich sehr viele Leute gemeldet und wir hatten dann auch im Jukuz ein Informationstreffen, wo wir mit den Leuten geredet und die informiert haben, was wir eigentlich machen. Dadurch haben wir auch wieder echt kompetente Leute dazubekommen mit denen wir auch echt gut zusammenarbeiten können und die uns auch echt viel helfen. Alleine die ganzen Plakate hier in Aschaffenburg zu dritt aufzuhängen haben wir bei den letzen Malen echt nicht gut hingekriegt und jetzt hängen hier in Aschaffenburg, Niedernberg und Obernburg echt viele, es ist alles zuplakatiert. Da sind echt coole Leute dazugekommen und dafür sind wir echt dankbar.

361°: Gibt’s eine Art Gründungsdatum? Seit wann gibt’s dieses Fridays For Future in Aschaffenburg? Und wenn ihr jetzt so ein bisschen zurückblickt, dann sind das ja jetzt schon ein paar Monate oder ein halbes Jahr ungefähr…

Anna: Also die erste Demo war ja am 8. Februar.

Nina: Am 25. Januar wurde die erste WhatsApp Gruppe erstellt und da ging’s dann in die Anfangsphase. Also am 8. Februar war dann die erste Kundgebung am Stiftsplatz mit dem offenen Mikro, wo wir wirklich den ganzen Stiftsplatz voll hatten mit Leuten und hinten hat man nichts mehr gehört… Und zwischendrin hatten wir immer so Phasen wo man im Rückblick sagen kann, da haben wir nicht so viel gemacht und hätten wir vielleicht doch mehr Zeit investieren sollen, dann hätten wir später weniger Stress gehabt. Aber ja, ich glaube das ist einfach so ein Zyklus.

361°: Das heißt es ist für euch alle das erste Mal, dass ihr irgendwie politisch aktiv seid?

Nina: Also ich glaub vor allem wir drei vom Gründungsteam waren schon vorher aktiv, aber das war jetzt so das erste Mal dass wir was veranstaltet haben. Also vor allem für mich. Wenn ich mir überlege, jemand hätte mir das vor einem halben Jahr gesagt, dass es so wird… das hätte ich mir niemals vorstellen können. Das war das erste Mal, dass wir wirklich an die Öffentlichkeit treten.

361°: Eure Motivation ist noch hoch? (alle lachen)

Nina: Wir haben schon eine Leidenschaft für das Thema und auch den Willen. Die Motivation leidet halt manchmal, also jetzt zum Beispiel haben wir Klausurenphase und das ist halt schon an sich – auch ohne Engagement – ist das richtig schlimm. Und ich frag mich selbst jeden Tag wie ich das überhaupt alles unter einen Hut bekommen soll, aber da man die Zeit nicht anhalten kann, muss man da einfach durch.

361°: Wie ist das jetzt mit den Verweisen, mit denen den Klimastreiker*innen gedroht wird?

Anna: Es ist so, es gibt einfach Verweisdrohungen. Es gibt ja diese Schulkoordination wo wir jetzt Leute, also Schülersprecher, Klassensprecher und sowas von den Aschaffenburger und Landkreischulen „rekrutiert“ haben.

Nina: Genau, dass wir da zuverlässige Informationen haben bzgl. der Konsequenzen. Nach der ersten Demo gingen Gerüchte herum und E-Mails und dann hatten wir 10 verschiedene Quellen zur selben Schule. Bei der ersten Demo war es wirklich schlimm, deswegen hat sich dann dieses Netzwerk aufgestellt und da kriegen wir jetzt immer die Informationen und zum überwiegenden Teil sind es halt Verweise. Es gibt auch Schulen da geht das klar, aber das sind eher die von außerhalb. In den Ferien gab es wohl eine Schulleiterkonferenz hier aus Aschaffenburg, also das habe ich gehört, die haben sich alle zusammengesetzt und gesagt: So, jetzt gibt’s Verweise. Aber da gibt es bisher keine einheitliche Linie, manchmal gibt es überhaupt keine Konsequenz. Bei uns an der Maria-Ward-Schule war es wirklich zu lustig, weil am Gymnasium gab es Verweise und an der Realschule sollten die dann einen Workshop des Umweltamtes besuchen.

Miriam: Es gab am Gymnasium aber auch keine Verweise, es waren lediglich Hinweise der Lehrkräfte, es waren keine richtigen Verweise.

Nina: Im Endeffekt dann… Nachdem ein Rektor dann aber meinte, in den Schulformen machen wir das ja gleich, hatten die das dann so improvisiert, dass am Gymnasium nicht nur ne Verwarnung bekommen haben sondern mussten auch noch unserer Umwelt-AG helfen und sich da verpflichten. Es war lustig…

Anna: Es regeln wirklich alle Schulen unterschiedlich, aber die Schulleiter werden auch von Veranstaltung zu Veranstaltung härter. Man muss wirklich sagen, dass sich die Leute davon einschüchtern lassen, was ich echt schade finde. Weil ich mein‘, es ist jetzt so ein Blatt Papier eigentlich, aber es ist ein „Verweis“ und alle so „Oh“…. dann hat das schon diesen Effekt am FDG, dass die Leute sagen „Nein, letztes mal mit dem Hinweis war noch ok, meine Eltern erlauben das…“ Aber jetzt mit dem Verweis, also die machen das so gestaffelt, dass bei der ersten Veranstaltung gibt’s nichts, beim zweiten mal gibt’s Hinweis und beim dritten mal einen Verweis. Die meisten sind schon immer hin, aber jetzt ist es halt das dritte mal bei vielen und ich denke, dass vom FDG wesentlich weniger kommen werden. Und auch das sich viele Schüler von Verweisen bedroht sehen und dass es deswegen einfach weniger wird als beim letzten mal.

Nina: Was mich noch ärgert ist, dass an den Schulen, an denen es Verweise gibt, die Rektoren zusätzlich verlangen, dass man sich abmeldet. Also dieses Feeling, ich geh jetzt einfach aus dem Unterricht und geh auf ne Demo, das wollen die uns auch bisschen verweigern. Klar, vielleicht Versicherungstechnisch wichtig und so, aber zu sagen „Ja, meldet euch ab und dann kriegt ihr nen Verweis“ – dann kann ich es auch gleich lassen. Wenn man schon geht, dann kann man das auch einfach lassen…

361°: Aber ihr sammelt dann schon und schaut, ok, an welchen Schulen gibt es wie viele Verweise, welche Leute sind betroffen….

(durcheinander) Also so genau nicht

Anna: Wir gucken, an welchen Schulen es Verweise gibt, im Nachhinein informieren wir uns. Wir versuchen auch, das den Schülern vorher zu sagen was ihnen an den Schulen droht, über die Schulkoordination.

Nina: Das uns halt nicht nachgesagt werden kann, dass wir zum Schuleschwänzen aufrufen. Wir informieren die ja komplett, hier das sind die Konsequenzen, die euch erwarten, wenn ihr wollt könnt ihr auch gern später dazu kommen. Macht was ihr wollt.

Anna: Und wir haben es bewusst, dass muss ich dazu sagen, später. Es gibt Städte, die streiken ab 8:00 Uhr und jeden Freitag, wir machen das jeden Monat und versuchen das immer bisschen später zu machen, wir haben im Moment 12:00 Uhr, auch einfach weil wir das verstehen, dass die Schulen das nicht so wirklich erlauben können.  Und wir hatten da auch mit positiver Reaktion gerechnet, dass die Schulleiter das auch sehen. Weil wir könnten auch ab 8:00 Uhr streiken, das wäre dann schon was anderes.

361°: Das ist schon ein Entgegenkommen von euch…

Nina: Ja, man muss es natürlich auch im regionalen Kontext beachten, aber… Ich fand es recht putzig, dass die meisten Rektoren kommen und „Ja, ich unterstütze das ja, und finde das toll, ich würde ja selbst hingehen…“

(durcheinander): ABER…

361°: Also das ist ja gerade wirklich der Aspekt – wir hatten es vorhin über diese krasse Dringlichkeit, und diese Riesenherausforderung, wenn man dann streikt, und zwar richtig streikt, dann muss das ja auch Grenzüberschreitend sein, damit die Welt merkt: Nö, so läuft es nicht weiter. Und das ist ja der zentrale Effekt daran, was den Streik an sich ausmacht.

Nina: Da kommen dann die Leute wieder und sagen „Wollen sie nicht Nachmittags….“

361°: Dann interessiert es wieder niemanden….

Anna: Genau

Miriam: Das haben uns auch sogar ganz viele Lehrer gesagt…

Anna: Wer würde uns beachten, wenn wir Nachmittags da stehen? Dann kommt immer ja, jetzt habt ihr doch die Presseaufmerksamkeit… aber wenn wir das jetzt auf Nachmittags verschieben würden, dann wäre das einfach ein Zeichen von Nachgeben.

Nina: Die Sache ist, wir wollen ja keine Presseaufmerksamkeit, wir wollen den Klimawandel stoppen.

361°: Das ist ja schon so ein Ablenkungs-Thema, das muss man ja ganz klar sagen…

Nina: Das sagen dann die Leute, die sich wirklich nicht damit auskennen und auch nicht wissen was wir eigentlich alles dafür machen. Und wenn das dann nicht so viel Beachtung oder Effekt bekommt, lohnt es sich dann dass ich mein ganzes Leben dafür aufopfere?

361°: Und wie ist die Stimmung so unter den Schüler*innen allgemein, also die Leute die zu euren Demos kommen, seid ihr da mit den Reaktionen zufrieden? Gibt’s auch Leute die sagen: Nee, wollen wir gar nichts damit zu tun haben oder sowas?

Nina: Zum größten Teil haben die wirklich Interesse, sowohl Schüler*innen als auch Lehrer*innen, aber Gleichaltrige sind da mehr interessiert. Zum Beispiel haben mich Leute aus meiner alten Grundschulklasse über Instagram angeschrieben, dass wir das toll machen. Die Rückmeldungen sind sehr positiv. Es kommen wildfremde Leute auf uns zu und gratulieren uns da und dass ist wirklich schon Hammer, dass das auch so anerkannt wird, weil das ja auch viel Arbeit ist. Es gibt auch Leute, die sich negativ dazu äußern, jeder hat dazu seine Meinung, aber der Großteil respektiert das schon.

Miriam: Und vor allem, es gibt da so Leute, die haben sich nach der ersten Demo so negativ geäußert und dann bei der zweiten Demo waren sie voll mit dabei und haben sich dann davon überzeugen lassen. Ich glaub dass ist auch so ein Prozess, man kann nicht von einem Tag auf den anderen alle Leute im Boot haben.

Nina: Es kommt auch auf den Informations-Status der einzelnen Leute an. Woher haben die jetzt ihre Quellen und Infos, was haben die überhaupt gesehen… Aber ansonsten sehr positiv. Und die Leute, die immer kommen, finden’s auch eigentlich immer geil. Das war bei der allerersten Demo die Stimmung, du hast halt einfach die Leute angeschaut, also wenn ich die Leute so gesehen hätte, dann hätte ich vielleicht nicht vermutet, dass die auch auf eine Klima-Demo kommen würden. Aber im Endeffekt standen alle da und haben die Sprüche gerufen und es war einfach geil. Sogar der Waldkindergarten war ja da. Die waren so putzig.

361°: Anna, du hattest vorhin gesagt du bist die Delegierte von Aschaffenburg. Kannst du dazu noch ein bisschen mehr erzählen wie diese Vernetzung mit anderen Städten und mit anderen Schulen so abläuft?

Anna: Ja, also es gibt einfach eine bundesweite WhatsApp Gruppe, in der täglich Informationen ausgetauscht werden. Und es gibt Leute, die das so koordinieren alles und da gibt’s dann auch Abstimmungen zu verschiedenen Themen. Und dann gibt’s jeden Sonntag so gegen 17:30 Uhr eine Telefonkonferenz, an der möglichst viele Delegierte teilnehmen sollen und sich austauschen. Da gibt es dann auch immer eine Tagesordnung, wo dann besprochen wird wie man das in den verschiedenen Städten macht. Das dauert meistens so eineinhalb bis zwei Stunden. Ich glaube es gibt aktuell vier- bis fünfhundert Ortsgruppen, ich weiß es grad nicht ganz genau. Das kann dann auch mal ganz schön anstrengend sein, sich mit so vielen Leuten auszutauschen, aber es sagen ja nicht immer alle was. Es gibt auch noch verschiedene AGs, die sich um verschiedene Themen kümmern, zum Beispiel eine Presse-AG oder eine For Future-AG, die so alles managen und versuchen, dass die verschiedenen Gruppen gut zusammenarbeiten.

Nina: Also es gibt ja mittlerweile Scientists For Future, Parents For Future, Teachers For Future, Pray For Future, Farmers For Future, Artists For Future… Also das zieht jetzt alles nach.

361°: Es wurde ein richtiger Trend gestartet…

Nina: Und da muss man auch kucken wie man das alles koordiniert und darauf achten, dass jetzt nicht im Namen der For Future-Bewegung irgendein Scheiß veröffentlicht wird, wo man dann direkt damit identifiziert wird.

361°: Von Scientists For Future war ja tatsächlich bei der letzten Demo jemand von der Aschaffenburger TH und hat da ein Grußwort gesprochen. Habt ihr engeren Kontakt mit denen?

Nina: Das sind Professoren von der Hochschule Aschaffenburg und wir verstehen uns schon gut mit denen. Die hatten unterschrieben bei diesem Scientists For Future-Papier und die waren sogar relativ am Anfang dabei. Da sind sie auch stolz drauf. Wir hatten schon mehrere Treffen mit denen, da war dann auch ein Mitarbeiter der Umweltamts dabei und auch der dritte Bürgermeister Jürgen Herzing. Wir planen da momentan ein Workshop-Angebot, aber das ist alles noch in der Planungsphase. Vor allem weil wir selbst ja auch erstmal die Zeit finden müssen das neben den Demos noch zu machen. Wir haben da schon viele Ideen dafür und hatten bei der letzten Demo ja diese Stellwände, wo die Leute zu bestimmten Themen ihre Gedanken aufschreiben konnten. Und das hatten wir dann zum Beispiel auch ausgewertet. Also wir haben schon viel mit denen zu tun und werden auch echt gut von denen unterstützt.

361°: Wer ist da auf wen zugekommen? Habt ihr sie angequatscht oder sie euch?

Nina: Ich glaub der Herzing hatte mit dem Niklas kommunizert und die hatten sich alle irgendwie so vernetzt und dann kamen wir vier Mädchen in diesen Raum voll mit alten Männern rein und dachten uns: Das wird lustig. (alle lachen) Die sind aber echt nett zu uns und bieten uns immer ihre Hilfe an.

361°: Ihr seid normalerweise eine andere Frauenquote gewohnt?

Anna: FFF sind schon echt mehr Mädchen als Jungs.

Nina: Auch auf Instagram sieht man, dass es eher auch mehr Mädchen sind, die uns folgen und aktiv sind. Aber überraschenderweise haben wir bei der Redeliste für Freitag überwiegend Männer. Es ist sehr schade, dass die Repräsentation da irgendwie nicht so ganz stimmig ist.

361°: Und wie ist das Verhältnis in der Orgagruppe?

Nina: Da kommen auf mindestens 10 Mädchen zwei, drei Jungs. Da konnten wir auch noch ein paar Jungs an Land ziehen, bei unserem Casting.

361°: In der Stadt Konstanz gab es vor kurzem eine interessante Entwicklung. Dort hat die lokale FFF-Gruppe das städtische Klimaschutzkonzept durchgearbeitet, hat dann festgestellt, dass es unzureichend ist und daraufhin haben die Stadtverordneten den Klimanotstand in Konstanz ausgerufen, als erste Stadt in Deutschland. Ist das etwas was ihr verfolgt oder auch in Aschaffenburg in Erwägung zieht?

Anna: Mittlerweile wurde ja schon in mehreren Städten der Klimanotstand ausgerufen. Wir haben im Moment Parents For Future in Aschaffenburg, die uns gefragt haben, ob wir das vorhaben und sie uns unterstützen sollen, aber wir konzentrieren uns erstmal auf die Demo in drei Tagen. Also klar, haben wir es mitbekommen, aber wir haben uns noch nicht ernsthaft darüber Gedanken gemacht. Aber ich denke mal das werden wir uns schon noch überlegen.

Miriam: Beziehungsweise es gibt ja das Jugendparlament in Aschaffenburg und wir arbeiten ja auch mit denen zusammen. Die sind da auch mega supportive. Die beschäftigen sich auch sehr intensiv mit den Thema und ich denke, dass die dazu vielleicht auch ganz viel machen werden. Das wird dann wahrscheinlich eher in Zusammenarbeit laufen, als dass jeder sein eigenes Ding macht.

Nina: Außerdem arbeiten wir auch mit dem Umweltberater von Aschaffenburg zusammen und der hatte sich jetzt auch an die Aufgabe drangesetzt für die nächste Demo einen kurzen Überblick zu geben, was wir eigentlich alles an Klima- und Umweltschutz in Aschaffenburg haben, wie wir da so stehen und was gemacht werden kann. Da haben wir also auch einen tollen Redebeitrag am Freitag von einem städtischen Mitarbeiter.

361°: Im Moment passiert in der Klimabwegung ganz viel. Es gibt FFF, die haben so ne richtige Welle losgetreten. Dann gibt es Extinction Rebellion, die in London die Innenstadt lahm gelegt haben und von denen es jetzt auch Ableger in Deutschland gibt. Es gibt die Menschen, die seit Jahren den Hambacher Forst besetzt halten um den Kohleabbau zu verhindern. Gibt es da eine Zusammenarbeit, Kontakte? Beobachtet ihr, was in anderen Teilen der Klimabewegung passiert?

Miriam: Das Problem ist, es sind ganz verschiedene Gruppen die letztendlich ein großes Ziel haben. Ich war jetzt in England im Urlaub, und da war dann so eine Extinction Rebellion Demo. Da bin ich einfach hingegangen, habe von uns erzählt und das war dann so „Hey, voll cool was ihr macht und lauf doch mit“. Ich glaube es ist weniger ein strukturiertes Zusammenarbeiten bis her sondern eher so: Hey, wir sehen euch, wir unterstützen euch, wenn wir was machen können sagt halt bescheid. Es ist gerade tatsächlich unkoordiniert, aber trotzdem positiv weil man weiß, man arbeitet am selben Ziel. Und wenn man merkt, es gibt da mehr Anknüpfungspunkte, dass man dann auch bereit ist zusammenzuarbeiten. Weil es geht ja nicht darum, dass es auf der ganzen Welt nicht nur eine Bewegung geben darf, sondern es geht ja tatsächlich ums Ziel.

Nina: Ich könnte mir gut denken, dass es Kontakt und Diskussion gibt, aber eher auf nationaler Ebene. In einzelnen Ortsgruppen aber eher nicht. Wir stehen z.B. mit dem BUND in Kontakt, aber ist jetzt nicht so ne krasse Bewegung.

361°: Die Europawahlen stehen ja jetzt an und man hat den Eindruck, dass das für viele FFF-Gruppen ein großes Thema zu sein. Wie viel Hoffnung setzt ihr da rein? Wie ist eure Einschätzung, wird sich groß etwas verändern?

Nina: Also, wie Luisa Neubauer in ihrer coolen Rede beim Europafest in Aschaffenburg schon gesagt hatte – da haben wir auch ein cooles Video hochgeladen – da hatte sie auch darüber geredet und betont, dass das Europaparlament, das jetzt gewählt wird, sozusagen über die Zukunft direkt entscheiden wird weil das jetzt noch der Zeitraum ist, wo wir die Möglichkeit haben etwas zu tun und Auswirkungen zu haben.

Anna: Das ist das letzte Europaparlament, was das (Klimawandel) jetzt noch größtenteils verhindern kann und das sollten sich die Leute auch einfach bewusst machen. Auch jetzt die älteren Leute, die das meiste eh nicht mehr miterleben…

361°: Die sogenannten Letztwähler…

Anna: Ja, dass sie den jungen Leuten ihre Stimme geben und nicht unbedingt für sich selber wählen.

Miriam: Bzw. was heißt für sich selber wählen, ich glaube auch genügend ältere Menschen haben mittlerweile begriffen worum es geht….

Nina:… ja, wir kriegen auch viel Feedback von älteren Leuten. Ich stehe z.B. im Kontakt mit einer ehemaligen Lehrerin von uns. Die ist komplett begeistert, wünscht uns toitoitoi und fragte mich nach den nächsten Demo-Terminen. Alte Menschen finden das auch gut. Unter dem Aspekt hoffen wir, dass wir jetzt ein produktives Europaparlament bekommen, die den Klimaschutz in Betracht ziehen und das umsetzen und wir so vielleicht ein Chance auf überleben haben.

361°: Das sagt man so leicht…

Nina: Ja, da steckt natürlich viel mehr dahinter…

361°: Wie du bereits gesagt hast, das ist ein begrenzter Zeitraum und mittlerweile gibt es verschiedene Stichtage, Jahreszahlen und Grad-Ziele. Da ist ja schon auch ein ganz schöner Druck da – einmal von eurer Seite, auf die Politik – aber ich denke, ihr setzt euch selbst ja auch ganz schön unter Druck. Wenn man jetzt sagt, die nächsten Jahre sind wirklich, wirklich entscheidend für unsere Zukunft – wie diskutiert ihr das, wie geht ihr damit um?

Nina: Ich schätze, naja, also man kann dieses Thema ja auch ganz leicht verdrängen und sagen „Jaja, wird schon…“, aber man sich das in einem gesunden Weg klar machen, man darf sich nicht zu sehr unter Druck setzen. Es ist wichtig das man da sachlich draufschaut, das ist so und da müssen wir dran arbeiten und alles tun damit wir im Endeffekt hoffentlich nicht enttäuscht werden.

Miriam: Ich denke da ist nochmal ganz wichtig, dass man die kleinen Erfolge sieht, auch bei sich selbst. Dass man bei sich selbst merkt, innerhalb der letzten 3 Monate hat sich mein Leben verändert, dass man eben überall seinen eigenen Mehrwegkaffeebecher mitnimmt  und so. Oder auch wenn man halt sieht, wie viele Menschen sich Gedanken machen, was ja schon ein Anfang ist. Das darf man einfach nicht vergessen und nicht übersehen. Man darf nicht nur das große Übel sehen, sondern man muss auch die Fortschritte wertschätzen.

Nina: Allein wie die Gesellschaft an sich auf die Bewegung reagiert, wie das alles nach und nach immer mehr in die Köpfe reinkommt und das Thema einfach viel viel mehr Bedeutung gewinnt. Also da gibt’s ja wirklich Statistiken, dass das zunimmt,  das ist schon ein Erfolg.  Wenn man bedenkt wäre diese Bewegung nicht gewesen, wäre das auch so? Vermutlich eher nicht…

Anna: Alleine schon, dass die Leute darüber reden und sich Gedanken machen ist schon relativ wichtig, dass sie sich das bewusst machen können. Und wenn die Bewegung nicht so groß geworden wäre, gäbe es dieses Thema einfach nicht so groß. Das ist ja schon ein Riesenerfolg.

Nina: Man muss ich ja auch bewusst sein, dass man nicht einfach sagen kann „Politik, mach!“ und die Politik macht das dann. Wir hatten z.B. auch ein Gespräch mit dem Carsten Klein von der FDP und der hat das auch ziemlich klar gemacht und offen darüber geredet, dass die Parteien da auch nur selbst ihren Weg unterstützen wollen. Z.B. die FDP möchte da eher Marktwirtschaftlich handeln und sowas, das finde ich persönlich auch nicht geil. Ich fände es besser, wenn die sich irgendwie einigen würden und so arbeiten würden. Aber das ist halt auch eine komplett andere Geschichte, die man im Kopf haben muss.

361°: Die ganz großen Wirtschafts-Konzerne sind aber halt schon die, die den meisten Einfluss haben werden und an die kommt man als einzelner kleiner Mensch oder Stadtrat auch nicht heran…

Nina: Aber wenn der Druck von der Gesellschaft kommt und die Gesellschaft andere Erwartungen hat dann überträgt sich das ja auch weil die Wirtschaft sich ja den Kunden anpassen muss… Vielleicht erzielen wir diesen Effekt und das wäre schön und gut und naja…

Miriam: Und man darf ja auch nicht vergessen, die Politiker haben ja tatsächlich ein Interesse wiedergewählt zu werden. Manchmal zweifelt man dran, aber ich denke… das ist halt immer so ne ganz andere Welt wenn man so mit Parteien redet, da denkt man sich erstmal so „Was zur Hölle, warum habt ihr da so Probleme?“ Aber ich glaube auch da kann man nicht sagen, so, von einem Tag auf den anderen, dass läuft jetzt. Und ich merke, alleine schon daran dass sich Politiker mit uns treffen und sich Zeit für junge Menschen nehmen und sagen „hey, wir haben Interesse euch zuzuhören“ und nicht einfach sagen „Ich will ein Bild mit euch“ und dann gehen sondern sich Zeit für ne Diskussion nehmen, das sich da was tut.

361°: Wir kommen jetzt langsam zum Ende des Interviews, wir haben noch ein paar kürzere Fragen. Was erwartet uns denn am Freitag, 25.04. auf der Demo in Aschaffenburg?

Nina: Also wir treffen uns wieder um 12 Uhr auf dem Stiftsplatz, der Nostalgie wegen…

361°: Jetzt schon Nostalgie?

Nina: Es ist wirklich krass, immer wenn ich jetzt am Stiftsplatz vorbeilaufe hab ich so ein bisschen Dé­jà-vu und höre die Leute wieder… es ist wirklich schön. Jedenfalls starten wir dann wieder mit einer wunderbaren Begrüßungsrede und haben dann auch noch Redebeiträge vom Stadtjugendring und Abenteuer Demokratie und..

Miriam: …CAJ, die machen so ne 72 Stunden Aktion zu Europawahl und halten da ne Rede.

Nina: Da wird auf das Thema eingestimmt, und dann starten wir dann auch schon mal unseren coolen Demolauf. Diesmal haben wir auch die CriticalMass dabei, die werden vor und hinter der Demo mitfahren. Wir dachten es wäre cool, wenn wir die auch dabei haben vor allem weil die sich ja auch in die Richtung einsetzen. Generell, als ich von Critical Mass gehört habe, fand ich das echt geil was die machen.

361°: Das ist ja eh auch Freitags, die verlegen dass dann einfach vor…

Nina: … Ja genau. Dann laufen wir unsere Route  wie eigentlich beim letzten Mal. Haben ein paar Zwischenstopps geplant … dann kommen wir zurück und haben noch sehr viele weitere Redebeiträge.

Miriam: Es spielt auch wieder eine Band….

Nina: Genau, wir haben wieder die live-Band vom letzten mal – Kant- die sind echt cool. Die haben bei der letzten Demo gespielt und es hat den Leuten gefallen, die haben wieder gefragt.

Miriam: Es ist auch cool Musiker zu haben, die auch wirklich im Thema drin sind und die da auch voll dahinter stehen.

361°: Das es nicht nur so ne Show ist …

Alle: Genau…

Nina: Ja, und hoffentlich wird auch jemand kommen um zuzuhören.

361°: Sind von euch auch noch andere Aktionen/Veranstaltungen/Events geplant in nächster Zeit? Oder erstmal das schaffen und dann mal gucken?

Nina: Nein, also es steht auch schon auf nationaler Ebene bisschen mehr an. Natürlich würden wir gern dann auch wieder streiken. Da müssen wir gucken wie wir in Zukunft weiter handeln. Dann evtl. der Workshop mit den Scientists for future würden wir gerne noch irgendwann mal halten. Weil wir da ein Programm entwickelt haben das wir langfristig z.B. Aktionen für  Aschaffenburg irgenwie ermitteln, was können wir eigentlich verbessern, was nicht. Und da ein bisschen die Jugendlichen weiterbilden auch. Da soll dann auch noch ne Müllaufräumaktion in Zusammenarbeit mit dem JuPa in den Pfingstferien stattfinden. Da würden wir uns dann mit dem Jugendparlament bisschen verbünden. Außerdem auch noch in den Pfingstferien wird es noch eine Großdemo in Aachen geben, wo fff-Aktivisten aus Deutschland, Niederlanden, Belgien, Polen also eigentlich aus ganz Europa kommen. Da wird Transport organisiert, überwiegend mit Zügen,

Anna: Ja, Sonderzüge…

Nina: Genau, da wird dann wirklich ein großes Wochenende da stattfinden. Diese Projekt werden wir auch an der Demo ankündigen. Wir z.B. haben uns mit Frankfurt zusammen getan um da die Tickets zu verkaufen. Da wird echt krass viel geplant, das wird auch echt geil.

Anna: Das wird groß.

Nina: Wir wollen nochmal zeigen, wie viele wir eigentlich sind. Weil aus ganz Deutschland und Europa die Leute halt zusammen. Das ist am 21.06., ich glaube da ist an dem Wochenende auch was von Ende Gelände.

361°: Genau, da sind wir dann unterwegs – vielleicht läuft man sich ja über den Weg

Miriam: Das kann passieren, ja

361°: Letzte Frage, wenn Leute bei euch mitmachen wollen, Kontakt suchen, wie erreichen sie euch am besten?

Anna: WhatsApp und Instagram, wir sind ja als Admins in  den WhatsApp Gruppen, also da kann man einfach jeden Admin anschreiben, ich denke wir schreiben auch immer alle zurück. Und halt Instagram, da erreicht man die Nina.

Nina: Auch über Instagram kann man uns direkt einfach schreiben. Da haben wir auch unsere E-Mail-Adresse verlinkt oder auch über, das ist der Weg den viele Erwachsene oder Ältere einschlagen, auf der fff-Website ist auch bei E-Mail-Register unsere Ortsgruppe verlinkt mit der Adresse, da finden die Leute ihren Weg zu uns. Das hat halt noch den Nachteil dass wir wirklich in jeden E-Mail-Verteiler rein geworfen werden. Verschwörungstheoretiker, und Visionäre, die ihre Ideen teilen wollen … manchmal sind das auch interessante Sachen z.B. Studenten die Forschungsarbeiten machen, da freut man sich mithelfen zu können. Manchmal ist es aber auch einfach…

361°: Ok, dann vielen Dank für das Interview!

 

*Niklas Wagener, Mitglied im Bundesvorstand der Grünen Jugend/ Grüne Aschaffenburg

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