1 Jahr nach dem Anschlag von Hanau

„Am 19. Februar ist der rassistische Anschlag in Hanau ein Jahr her. Am Jahrestag wird es in Hanau auch eine offizielle Gedenkveranstaltung mit dem Bundespräsidenten und dem hessischen Ministerpräsidenten geben. Wir werden viele anteilnehmende Worte hören, Betroffenheit und Verurteilungen der Tat. Was wir nicht hören werden, sind Antworten auf unsere vielen Fragen. Was wir nicht hören werden, sind Konsequenzen, damit sich das, was passiert ist, nicht wiederholt. Wir brauchen Taten statt Worte…
Deswegen fordern wir Euch für den 19. Februar dazu auf, mit uns gemeinsam Zeichen zu setzen. Wegen der Pandemie können wir leider nicht mit allen zusammen kommen, so wie wir es brauchen und uns wünschen. Organisiert deshalb auf den Straßen und Plätzen eurer Städte und Dörfer Kundgebungen, Demonstrationen, Gedenkaktionen!“ (aus dem Aufruf der Initiative 19. Februar Hanau)

Am 19. Februar 2021 kam es nach einem Aufruf der „Initiative 19. Februar Hanau“ in mehr als 100 Städten zu Kundgebungen und Demonstrationen.

Wie groß der Bedarf nach einem öffentlichen Raum, um Solidarität, Trauer und auch Wut auszudrücken war, zeigten die beachtlichen Mobilisierungen. In Summe dürften es einige zehntausend Menschen gewesen sein, welche sich hinter die Forderungen nach Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen stellten.

Das heute die Opfer des Anschlags im Mittelpunkt stehen, ihre und die Geschichten ihrer Angehörigen die Erzählung bestimmen, ist ein großer Erfolg der Angehörigen und der Initiative 19. Februar. Sie zeigen, dass der öffentliche Diskurs durch Beharrlichkeit und solidarische Praxis in Bewegung gerät. (Rede IL)

In Aschaffenburg nahmen trotz kurzfristiger Ankündigung über 200 Menschen an einer Kundgebung vor der City Galerie teil. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Interventionistischen Linken (IL) Aschaffenburg, die schon im August 2020 den Aufruf von Hinterbliebenen und Angehörigen der Opfer des rassistischen Terroranschlags unterstützt haben und eine Kundgebung organisierten (Bericht dazu hier).

Neben den Beteuerungen und Bestürzungen der Mehrheitsgesellschaft steht keine Einsicht, dass rechtsextreme Gewalt und Rassismus bedrohlicher Alltag für viele Menschen in unserer Gesellschaft ist.
Im Gegenteil: die Opfer und der Täter sind zum Teil auf dieselbe Schule gegangen, sie haben im selben Viertel gelebt. Aber wer konnte unbehelligt Waffen horten – und wer wurde immer wieder kriminalisiert? (Rede IL)

Redebeiträge gab es u. a. von Vertreter*innen der IL, hier dokumentiert, sowie einem Vertreter der Initiative „Freie fränkische Antifa“. Letzter betonte, dass die Gesellschaft in Gänze dafür verantwortlich sei, dass sich „Morde wie diese nicht wieder geschehen„.  Antifaschismus dürfe nicht als Verbot diskutiert werden, sondern müsse im Gegenteil praktischen Ausdruck finden, was aber schwierig sei, solange „Staat und Polizei die Faschisten schützen„.

Eine neue Normalität für die Gesellschaft der vielen! Dafür fordern wir eine echte Entnazifizierung der deutschen Politik, der Behörden und der Gesellschaft! Dafür müssen sich aber auch die Strukturen ändern, in denen wir leben. Denn Rassismus ist auch ein Mittel, bestehende Macht- und Eigentumsverhältnisse aufrecht zu erhalten. (Rede IL)

Mittels Transparenten, Plakaten und den mit Kerzenlichtern beleuchteten Portraits der Opfer von Hanau – Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin – wurde ein dem Anlass entsprechendes Ambiente mit politischer Botschaft erzeugt.

Die Angehörigen, Überlebenden und Aktiven der Initiative 19. Februar Hanau kämpfen auch ein Jahr nach den schrecklichen Ereignissen weiter. So haben diese bereits am 14. Februar die Ergebnisse ihrer Recherche offengelegt und die Kette des Versagens nachgezeichnet.
 Die Veröffentlichung findet sich hier.

Desweiteren läuft eine Petition für die Einführungs eines hessischen Rechtsterrorismus-Opferfonds, welche hier unterzeichnet werden kann.

 

 

 

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