Outsourcing bei kommunalen Betrieben? Dagegen!
Ein Gastbeitrag von Organize Aschaffenburg & Umland
Im Oktober kam es zu einem interessanten Schlagabtausch zwischen der Kommunalen Initiativen (KI*) und den Stadtwerken. Ausschlaggebend war ein Artikel im Mitteilungsblatt „Aschaffenburg Innenstadt“. Zusammengefasst hat sich folgendes abgespielt:
Kritik und ein Stadtratsantrag
In einem Artikel für besagtes Blatt (Ausgabe KW42) kritisierte die KI den zunehmenden Ausfall von Buslinien. Grund hierfür seien fehlende Busfahrer*innen. Dass es überhaupt zu personellen Engpässen komme, soll vor allem an der zu niedrigen Bezahlung liegen, wodurch es schwer sei weiteres Personal zu finden. Denn, und jetzt wird es spannend: die Stadtwerke hätten zum Einsparen von Personalkosten mit ihrer eigens im Jahr 2000 gegründeten „Verleihfirma“ SVG die Löhne der dort neu angestellten Fahrer bewusst niedrig gehalten. Die SVG bezahle ihre Angestellten nämlich nicht nach dem Tarif des öffentlichen Diensts, sondern nach dem LBO-Tarif für private Busbetriebe. Alt-FahrerInnen, die noch im öffentlichen Tarif TV-N eingestuft sind, hätten ca. 25% mehr Lohn, als ihre Kolleg*innen die nach LBO-Tarif bezahlt werden. Die KI sprach in diesem Zusammenhang gar von einem Niedriglohnsektor. Sie verwies weiter auf ihren eingereichten Antrag, dass der Stadtrat beschließen möge alle BusfahrerInnen wieder in den besseren Tarifvertrag TV-N zu überführen.
Vorwürfe als Gegenargumente
Bei den Stadtwerken kam diese Veröffentlichung offensichtlich gar nicht gut an. So sah man sich genötigt die Woche darauf per Anzeige in den Mitteilungsblättern auf den Artikel zu reagieren. Darin erklärte man, dass kein Mitarbeiter im „Niedriglohnsektor“, wie von der KI behauptet, angestellt sei. Alle würden ordentlich nach Tarifverträgen, die mit Verdi abgeschlossen wurden, bezahlt. Und da die Arbeitsbedingungen attraktiv seien, konnten allein in diesem Jahr 20 neue Busfahrer eingestellt werden. Und mit ihrem zuverlässigen Einsatz garantierten sie einen leistungsfähigen ÖPNV. Deswegen sei die Kritik der KI fehl am Platz. Und zum Abschluss heißt es: „Anstelle wahrheitswidriger Behauptungen würde es den beiden Stadträten besser zu Gesicht stehen, wenn sie sich für das Stadtwerke unternehmen einsetzen“.
Wer setzt sich hier für wen ein?
Darauf wiederum veröffentliche die KI ebenfalls eine kleine Anzeige im Mitteilungsblatt, in der sie als Reaktion auf die „Unterstellung der Stadtwerke und der Stadt Aschaffenburg“ ihre Kritik bekräftigte. Sie beendete das Statement mit dem Hinweis: „Die KI steht uneingeschränkt hinter der Forderung der Beschäftigten, ihres Betriebsrates und der Gewerkschaft Verdi: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!“.
Noch ausführlicher nimmt die KI auf ihrer Homepage Stellung und weißt dort die Unterstellung wahrheitswidrigen Behauptungen zurück. Sie schreibt „Wahr ist, dass dieser Privattarif (LBO) um ca. 25% schlechter ist als der ordentliche im öffentlichen Dienst (TV-N). Wahr ist auch, dass erst nach dem Druck aus den Reihen der Busfahrer*innen neue Busfahrer eingestellt wurden. Allein 2018 sind aus Fahrer-Mangel über 100 Linien einfach ausgefallen und wurden teilweise durch Taxi-Dienste ersetzt.“
Was sagen eigentlich die Beschäftigten?
Es wäre jetzt wichtig, dass aus den Reihen der Beschäftigten, des Betriebsrates und der Gewerkschaft Verdi öffentlich Stellung bezogen wird. Und das nicht nur um die Vorwürfe der Stadtwerke zu entkräften. Denn wenn dem so ist, dass die Genannten hinter der Forderung „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ stehen, wie die KI schreibt, wäre das auch die Möglichkeit der Sache die nötige Aufmerksamkeit zu verleihen, die sie verdient. Es geht hierbei nämlich um weitaus mehr als „nur“ um die Bezahlung neueingestellter Busfahrer*innen. By the way ein Berufsfeld, dass mit Hinblick auf die nötige Verkehrswende deutlich aufgewertet werden muss.
In welche Richtung soll es gehen?
Die KI schrieb in ihrem Artikel: „Ein „outsourcing“… zum Einsparen von Löhnen ist als unsozial abzulehnen. Als nächstes sind nämlich schon die Kolleg*innen der Wäscherei und des Krankentransports innerhalb des Klinikums im Gespräch.“
Hier geht es also um einen Konflikt der richtungsweisend für den weiteren Umgang mit Angestellten und der strukturellen Aufstellung in kommunalen Betrieben sein könnte.
Outsourcing und Privatisierungsmaßnahmen könnten hier mit all ihren negativen Begleiterscheinungen weiter Schule machen. Und das in einem Bereich, der wie auch das Gesundheits- oder Bildungswesen, Teil der Daseinsvorsorge ist und dementsprechend – finanziell und personell – gut ausgestattet sein sollte.
Demokratie und Mitbestimmung
Der Einstellung, kommunale Unternehmen wie privatwirtschaftliche zu führen und damit der Logik von Markt und Wettbewerb zu unterwerfen, sollten wir uns vehement entgegenstellen. Und darüber hinaus mehr gesellschaftliche Kontrolle und Mitbestimmung einfordern.
Das eine qualitativ gute und für alle zugängliche soziale Infrastruktur wichtig und notwendig ist, dürfte gesellschaftlich mittlerweile common sense sein. Dass die kommunalen Betriebe aber auch unser aller kollektives Eigentum sind und uns – als Angestellte, NutzerInnen oder PatientInnen – somit umfangreiche Mitbestimmung zustehen sollte, noch nicht.
Zusammen gegen Outsourcing und Lohndrückerei!
Die Anzeige der Stadtwerke im Mitteilungsblatt zeigt deutlich die Haltung der für diesen Fall Verantwortlichen: Nämlich die von typischer Arbeitgeber-Manier eines stinknormalen Unternehmens. Die bei Bedarf mit Verweis auf gegebene Sachzwänge oder mit zweifelhaften Methoden versuchen ihre Interessen zu verallgemeinern.
So wie im aktuellen Fall in Form der Beschönigung von Missverhältnissen und mittels Vorwürfen, die nur darauf ausgelegt scheinen, Kritiker in Misskredit zu bringen um damit ihre Glaubwürdigkeit zu untergraben.
Die KI hat einen Aufschlag gemacht. Es liegt jetzt an den Beschäftigen oder deren Vertretung aus der Deckung zu gehen und öffentlich Position zu beziehen. Den Rückhalt ihrer Gewerkschaft sollten sie dabei ebenso haben, wie den aus der sich kritisch, sozial und links verstehenden Zivilgesellschaft.